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Ortsfamilienbuch Schlesisch Nettkow

Entfernung von Grünberg: 18 km
Einwohnerzahl: 1080 (1937)
Post- und Bahnstation: Schlesisch-Nettkow
Schulverband: Schlesisch-Nettkow.
Kirchspiel: Ev. Schlesisch-Nettkow, kath. Großlessen
Amtsvorsteher: Richard Kirschke

Das Gut Schlesisch-Nettkow war Teil der Majoratsherrschaft Polnisch-Nettkow/Rothenburg, welche aus zwölf Rittergütern in den Kreisen Grünberg, Freystadt, Krossen und Jauer bestand.

Der Name Polnisch-Nettkow wurde erst 1920 in Schlesisch-Nettkow verwandelt. Das reichhaltige Familienarchiv der ehemaligen Grafen von Rothenburg fristete lange in einem versteckt gelegenen Turmzimmer der Rentei ein verborgenes Dasein. Es enthielt u. a. 21 Urkunden aus der Zeit vor 1600! August Förster konnte sie noch nicht für seine Geschichte der Dörfer des Kreises Grünberg ausnutzen. Sie kamen in das Staatsarchiv in Breslau. Dort sind sie wahrscheinlich 1945 der Vernichtung anheim gefallen, auf jeden Fall für uns verloren. Uns blieb nichts als eine Aufzählung der etwa 620 Aktenfaszikel bei Wutke im Codex Diplomaticus Silesiae, aus der man ersehen kann, daß sie sicher die Ortsgeschichte vieler Dörfer des Kreises mit Details hätten anreichern können.

Unter der Herrschaft der Familie von Rothenburg

Im Glogauer Register von 1305 wird "Villa Necka" genannt. Aber niemand weiß, ob damit Polnisch-Nettkow oder das jenseits der Oder gelegene Deutsch-Nettkow gemeint ist. Gleiches gilt von einer Urkunde vom 9. Mai 1329, durch welche das Geschlecht derer von Rothenburg mit Netka belehnt wird. Sicher aber ist, das Polnisch-Nettkow 1398 denen von Rothenburg gehörte. Es blieb in ihrem Besitz bis 1788. In diesem Jahr erwarb der Herzog von Kurland Sagan, den reichen Besitz. 1800 kam die Herrschaft an die Tochter des Herzogs, Pauline Marie Luise von Hohenzollern-Hechingen, von dieser an ihren einzigen Sohn, der infolge der politischen Wirren 1848 auf seine Erblande zugunsten Preußens verzichtete und sich auf seine schlesischen Güter zurückzog. Er starb am 3. September 1869 auf Schloß Polnisch-Nettkow und wurde auch dort beigesetzt. Mit ihm erlosch die Linie des Hauses Hohenzollern-Hechingen im Mannesstamm. Er hatte einen Sohn aus der Ehe mit der Freiin Amalie Schenk von Gagern, der den Besitz weiterführte und den Namen und Titel des Grafen von Rothenburg führte.

Die erste Grenzkirche

In der Avignoner Urkunde von 1376 ist Necka nicht erwähnt. Polnisch-Nettkow hat damals also keine Kirche besessen. Doch ist anzunehmen, daß die begüterte Familie von Rothenburg im 15. Jahrhundert dort den ersten Kirchenbau veranlaßt hat. Sicher ist, daß während des Dreißigjährigen Krieges ein Kirchlein vorhanden war.

Da die Grafen von Rothenburg eifrige Anhänger der Reformation waren, wird dieses Kirchlein evangelischen Gottesdiensten gedient haben. In der Folgezeit gestalteten sich die Verhältnisse ganz anders als in den übrigen schlesischen Gebieten. Seit 1482 gehörte Polnisch-Nettkow zu Kurbrandenburg. Es gab also nach dem Frieden von Münster und Osnabrück keine Gegenreformation. Deshalb hatten drei 1654 aus Schlesien vertriebene Geistliche den Gedanken, auf kurbrandenburgischem Boden eine Grenzkirche für ihre schlesischen Landsleute zu errichten. Es waren P. Georg Müller aus Drentkau, Christoph Reiche aus Jonasberg-Plothow und Dibelius aus Grünberg. Schon am 3. März 1654 erteilte der Große Kurfürst die Genehmigung. So entstand mit Hilfe des Grafen von Rothenburg die erste Grenzkirche, nicht in Polnisch-Nettkow selbst, sondern in der Nähe bei einem Jagdschloß und einigen Siedlern.
Daraus entstand der Ort Neu-Nettkow, der schließlich den Namen Rothenburg erhielt. Pastor der Grenzkirche war der schon genannte Christoph Reiche, und nach ihm sein Sohn Johannes. Die Grünberger besuchten diese Grenzkirche gern, zunächst, als es noch keine anderen Grenzkirchen gab, ausschließlich.
Die ältere kleine Kirche im Dorf Schlesisch-Nettkow wurde 1866 durch einen stattlichen Neubau ersetzt. Dort wirkten als Geistliche Vater und Sohn Pfund, G. Metzig, B. Klette (1810-1855), Friedrich Bluhm, Georg Sommer. 1938 war Helmut Reimann dort Pfarrer.

Die Schule

Schon in kurbrandenburgischer Zeit war eine Schule in Schlesisch-Nettkow. Die wenigen katholischen Kinder besuchten von jeher bis zuletzt die Katholische Schule in Groß-Lessen, zu dessen Pfarrkirche alle Katholiken gehörten. Da es in Kurbrandenburg keine Gegenreformation gegeben hatte, waren es nur sehr wenige. Nach der Volkszählung von 1900 standen 1134 evangelischen nur vier Personen katholischen Glaubens gegenüber. In den beinahe 40 Jahren nach der Jahrhundertwende war die Bevölkerungszahl rückläufig geworden.

Das Schloß

Keine Wetterfahne und keine Inschrift sagte etwas über den Bau des Schlosses aus. Aber man konnte aus Urkunden erschließen, daß schon während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ein Schloß vorhanden war. Wahrscheinlich war auch dieses schon der Neubau eines früher vorhandenen, schlichteren, das in der wirtschaftlich guten Zeit von 1570 bis 1610 aufgeführt worden ist. Die stärkste und älteste Akazie im Schloßpark soll von Friedrich II. bei einem Besuch des Schlosses gepflanzt worden sein. Das ist nach dem Verlauf der Geschichte sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich hat sie der Gutsherr zum Andenken daran gepflanzt, daß der König am 18. August 1758 den Ort passierte. Im Schloßpark standen mehrere geschützte Bäume, z. B. eine Platane (3,80 m im Umfang), ein Spitzahorn von 2,75 m Umfang und ein sehr alter virginischer Sadebaum von 1,70 m Umfang und 20 m Höhe, dazu auch einige sehr alte Akazien (Robinien) bis 3,90 m Umfang.

(aus dem Buch: „Stadt und Landkreis Grünberg in Schlesien“ herausgegeben von Ernst Clauß –bearbeitet nach August Förster: „Geschichtliches aus den Dörfern des Grünberger Kreises“)

Bemerkungen / Quellen:
  1. Kirchenbuchduplikat ev. 1813-1814, 1835-1860
  2. Standesamt PolnischNettkow/Schlesisch Nettkow 1874-1942
  3. Grundbuchakten des Ortes
  4. private Dokumente


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Fragen zu den Daten, Ergänzungen und Korrekturen bitte an den Bearbeiter dieses Ortsfamilienbuches:
Uwe Naschke


Letzter Stand Ortsfamilienbuch Schlesisch Nettkow: 07.10.2009